Die Bilder der vergangenen Wochen schossen vor meinem inneren Auge vorbei wie die Landschaft an der wir vorbei zogen. Ich saß auf dem Rücksitz des Autos, vorne saß mein Vater und steuerte stillschweigend das Auto. Mein Blick glitt auf den Sitz neben mir. Jackie, meine beste Freundin saß neben mir und lächelte mich traurig an.
„Sieh mal Jackie! Ist der nicht süß?“ Ich lief am Strand entlang. Wir hatten Sonnenbrillen auf. Der weiße Sand rieselte durch unsere Füße. Ein kleiner Junge, vielleicht fünf Jahre alt, stolzierte an uns vorbei. Den Kopf hatte er hoch erhoben. Jackie blickte ihm grinsend hinterher. „So süß! Schau mal! Der trägt genauso eine Sonnenbrille wie wir!“ Der kleine Gentleman lief weiter, während Jackie und ich unseren Weg am Strand fortsetzten. Plötzlich ertönte eine Stimme hinter uns. „Mama! Die beiden Frauen machen mir Angst! Die wollen meine Sonnenbrille!“ Jackie und ich schauten uns an. Dann begannen wir zu lachen.
Wir standen an der Ampel, der Motor summte leise vor sich hin. Das Licht stand auf rot. Jackie blickte aus dem Fenster und genoss die Aussicht auf die gelben Rapsfelder. Ich öffnete das Fenster, der Duft vom Raps, gemischt mit dem Duft des Regens drang in unser Auto.
Ich radelte auf meinem Fahrrad, immer weiter den Bauernweg entlang. Neben mir fuhr Jackie. Es war still. Nur das zirpen der Grillen war zu hören. Der kühle Wind strich durch unser Haar. Neben uns war ein riesiges Feld mit Getreide. Ich fuhr langsamer, es ging bergauf. Wir schnauften leise vor Anstrengung. Die Sonne stand tief am Himmel, es ging auf den Abend zu. Endlich waren wir auf dem Berg angekommen. Endlose weite breitete sich aus, das gelbe Feld erstreckte sich bis zum Horizont. So allein fühlten wir uns wie berauscht. „JICHIA!!“ Ich schrie laut auf, Jackie ebenfalls. Immer wieder gellten unsere Schreie durch die menschenleere Gegend. Wir waren allein die Herrscher über diese endlose Weite. Uns allein gehörte dieser unglaubliche Moment.
Die Ampel sprang auf grün, es ging weiter. Wir fuhren in die Stadt hinein, es herrschte geschäftiges treiben auf den Straßen. Fahrräder, Roller und Autos bevölkerten die Straße. Fußgänger rannten zwischen den Autos her, mein Vater hupte. Ich spürte die Blicke von Jackie, sie weinte leise, Tränen liefen ihr über das Gesicht. Auch ich musste schlucken. Es würde nicht mehr lange dauern, und dann würde Jackie wieder für ein Jahr verschwinden, in einen Ort, 400 km entfernt.
Wir lagen im Bett. Der Fernseher lief, wir kannten den Film schon. Trotzdem lagen wir eng aneinander und deckten uns mit einer Decke zu. Auf unseren Beinen lag die Tüte mit den Chips. Wir griffen gleichzeitig hinein, unwillkürlich mussten wir grinsen. Dann versanken wir wieder im Film. Endlich war es soweit. Die Szene, die wir so sehnsuchtsvoll erwartet hatten, begann. Instinktiv griffen wir nach der Hand des Anderen. Bereits jetzt schon mussten wir hart schlucken. Dann... Der alte Mann, den wir beide so gern hatten, starb. Sein Körper fiel in den Bodenlosen Abgrund. Traurige Filmmusik spielte ein, während Jackie und ich hemmungslos schluchzten.
Wir waren da. Der Bahnhof lag versteckt im Örtchen, gemeinsam trugen wir die Taschen zum Bahnsteig. Jackie stieg ein. Ich konnte sehen, das sie weinte Ich lächelte. Nächstes Jahr wirst du wiederkommen, meine Freundin. Wir winkten uns zu, ihr Mund formte Worte, die ich nicht hören konnte. Ich winkte Jackie zu, noch immer lächelnd. Der Schaffner pfeife, der Zug setzte sich in Bewegung. Dann verschwand er aus meiner Sicht. Nächstes Jahr wirst du wiederkommen, meine Freundin. Ich wandte mich ab und kehrte zum Auto zurück. Jetzt weinte auch ich.